Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat die umfangreiche Studie "Scoring nach der Datenschutz-Novelle 2009 und neuen Entwicklungen" vorgestellt. Darin erfolgen "erfolgen eine umfassende Analyse der rechtlichen Grundlagen für das Scoring nach der Novelle des Datenschutzrechts 2009, eine empirische Untersuchung der Scoring-Praxis und eine verbraucherschutzbezogene Evaluierung sowie daraus abgeleitete Empfehlungen.
Für die Studie wurden 2.000 repräsentative Personen befragt.
Folgende Erkenntnisse lassen sich aus der Kunden-Befragung gewinnen:
- Die Erfahrungen der Befragten mit Scoring-Verfahren sind gemischt.
- Rund ein Drittel hatten 2013 eine Eigenauskunft bei Auskunfteien eingeholt.
- Viele Befragte bemängeln falsche oder unvollständige gespeicherte Daten in den Eigenauskünften, nicht verständliche Bonitätsauskünfte oder ungerechte Scorewerte.
- Am häufigsten wurde die fehlende Löschung abbezahlter Kredite/Verträge bemängelt (34,9 %). Es folgen fehlerhafte Angaben zu Bank- und Kreditdaten (8,1 %), fehlerhafte Angaben zu Gläubigerforderungen (8,7 %), falsche/alte Adressen oder Daten (7,4 %), fehlende Angaben (5,4 %), erloschener Handyvertrag (4,7 %), Namensverwechslung (4,7 %), Speicherung von Kredit- statt reiner Konditionabfrage (4,0 %).
- Eine Kontrolle der Scoring-Verfahren erfolgt nur unzureichend, da weder die Betroffenen noch die Aufsichtsbehörden die Berechnungsmodelle wirksam überprüfen können.
- Bekannteste Auskunftei ist die SCHUFA (97,8 %). Es folgen weit dahinter Creditreform Boniversum (33,4 %), Bürgel (16,8 %), DEMDA (6,8 %) und weitere.
- Nur 43,3 % der Verbraucher wissen von ihrer rechtlichen Möglichkeit, einmal pro Jahr eine kostenlose Eigenauskunft pro Auskunftei abfragen zu dürfen.
- Aufgrund des Scoring wurden folgende Anfragearten abgelehnt: Kreditanfragen (34,6 %), Handyvertrag (23,7 %), Versandhausbestellung (21,2 %), Kreditkartenvertrag (18,4 %), Kontoeröffnung (16,6 %), Internetbestellung (16,3 %), Lastschriftermächtigung (9,2 %).
Für die Studie wurden auch Informationsgespräche mit sieben Kreditinstituten (u.a. Commerzbank, Deutsche Bank, Sparkasse, EasyCredit/Teambank, INGDiba und Unicredit) zwischen Dezember 2013 und Februar 2014 untersucht:
- Für die Risikoabschätzung werden herangezogen: Soziodemographische Angaben (Alter, Geschlecht, Beruf), Kapitaldienstfähigkeit (Einnahmen, Ausgaben), Kontoverhalten sowie die Informationen einer Auskunftei (meist SCHUFA)
- weiterhin wurden auch genannt: Anzahl der zurückgezahlten Kredite, Dauer der Kundenbeziehung, Dauer des aktuellen Arbeitsverhältnisses, Dauer der aktuellen Wohnadresse, Zeitspanne zwischen Kreditanfrage und -aufnahme, bankeigenes Risiko-Rating
- Folgende Risko-Erkenntnisse sind übereinstimmend: Personen bis 24 Jahre sowie ab 70 Jahren (Rentner) haben ein höheres Risko, Frauen und Beamte haben niedrigeres Risiko, Freiberufler und Selbstständige ein höheres; kritisch ist die Probezeit und je länger das Arbeitsverhältnis dauert, desto besser; je höher das Einkommen desto besser, wobei sehr hohe Einkommen auch riskant sein können; je höher der SCHUFA-Score, desto besser und je niedriger der Kreditratenanteill vom Gehalt desto besser
- sogenannte K.O.-Kriterien, also für gewöhnlich Ablehnungsgründe, sind: fehlende Legitimation oder unvollständige Unterlagen, negative Bestandskonten oder anhaltende Zahlungsschwierigkeiten, Missbrauch oder Kündigung von Konten sowie titulierte oder uneinbringliche Forderungen, eine negative SCHUFA-Auskunft, sog. harte Daten (Insolvenz, Haftbefehl, Offenbarungseid), Betrugsverdacht, Arbeitszeitverträge, Wohnsitz oder Konto im Ausland, Arbeitslosigkeit oder eine befristete Aufenthaltsgenehmigung.